Lieber Leser,
ich freue mich dir heute direkt aus dem Kongo schreiben zu dürfen. Meine Anreise von zwei kompletten Tagen verlief gut und nach zwei weiteren Tagen hatte ich mich wieder eingewöhnt in diese komplett andere Welt. Drei Wochen bin ich nun bereits hier. Fließendes Wasser hatte ich seit meiner Ankunft nur zweimal. Ich bin es schon gewöhnt das Wasser für den täglichen Gebrauch in Kanistern zu holen und mich aus dem Eimer zu waschen. Es tut mir gut mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Besonders freut es mich erneut bei unserem Team im Kongo zu sein und mich zu 100% auf Pfarrer Jean Leonard, Dauphine und Aziza verlassen zu können. Nur durch ihre zuverlässige Mitarbeit sind unsere mittlerweile doch sehr umfangreichen Projekte durchführbar. Und doch habe ich erneut gemerkt wie wichtig es ist in regelmäßigen Abständen selbst vor Ort zu sein. Eine erste Teamsitzung hat bereits stattgefunden, um wichtige Themen gemeinsam zu besprechen. Ebenso bin ich für die Einheimischen der Ansprechpartner aus Deutschland für Motema Congo e.V.

In den ersten Wochen meines Aufenthaltes habe ich schon einiges erlebt, erledigt und besucht. Nun möchte ich dich mitnehmen auf meine Reise und dir einen Einblick darüber schenken.
Orthesen für die Kinder Tsuzi und Makaya in der Schule Luzolo
Gleich zu Beginn haben wir in Boma die Schule „Luzolo“ besucht in der sowohl körperbehinderte als auch gesunde Kinder zusammen unterrichtet werden. In dieser Schule sind auch das Mädchen Tsuzi und der Junge Makaya. Beide sind 9 Jahre alt und haben eine Deformation der Beine. Wir konnten beiden Kindern für jeweils 250€ sowohl eine angepasste Orthese, als auch Physiotherapie finanzieren. Es war für mich schon erschreckend zu erfahren, dass die zwei Kinder sich zuvor nur am Boden, auf allen Vieren fortbewegen konnten. Für beide bedeutet dies eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität, nun mit Unterstützung der Hilfsmittel alleine gehen zu können. Auf Grund des Wachstums müssen die Orthesen und Schuhe jedoch regelmäßig angepasst werden.

Schulbänke für die Schule in Kanzi
Auch war ich in der Schule im Dorf Kanzi zu Besuch. Vom Rektor wurden wir sehr freundlich empfangen. Die Schule hat 7 Klassenzimmer und es überraschte mich sehr, teilweise bis zu 90! Kinder in einer Klasse anzutreffen und dass sich 3-4 Kinder eine Schulbank teilen müssen. Wir konnten bereits vergangenes Jahr mehrere Schulbänke und Tische für 500€ von einem Schreiner anfertigen lassen. Auch wenn natürlich noch mehr Bänke und Räumlichkeiten benötigt werden, war es sehr schön zu sehen wie unsere Bänke schon einigen Schülern mehr Platz zum lernen verschaffen. Als Dank für unsere Unterstützung bekam ich am Ende vom Rektor einen lebendigen Hahn und Bananen geschenkt.








Ein Schuldach für die Schule in Kai Tshinionga
Anschließend ging es weiter zur Schule in den Nachbarort Kai Tshinionga. Dort haben wir zu Weihnachten einen Teil der Erneuerung des Schuldaches in Höhe von 1200€ übernommen. Unser Geld hat nicht für das komplette Schuldach ausgereicht, aber die größten Undichtigkeiten und stark beschädigten Stellen konnten erneuert werden, sodass der Unterricht auch bei Regen wieder stattfinden kann. Auch dort bekamen wir als Dank eine ganze Tüte voll frischer Avocados, Bananen und gleich zwei Hähne geschenkt.
So fuhren wir an diesem Tag mit einem Kofferraum voller Bananen, Avocados und drei Hähnen nach Boma zurück.





Besuch in den Krankenhäusern Manterne und Kiveve
Besonders gefreut hat es mich zu sehen, das im Krankenhaus Manterne das durch uns gekaufte Blutabsauggerät nach wie vor den Ärzten die Durchführung der Operationen erleichtert. Auch die Blutdruckmessgeräte und das Stromaggregat sind fleißig im Einsatz. Der Anbau des Krankenhauses ist so gut wie fertiggestellt. Momentan fehlt nur noch der Boden und die Einrichtung. Sobald die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung stehen, kann es in Betrieb genommen werden. Dr Clement, der Arzt des Krankenhauses ist weiterhin regelmäßig mit mir persönlich in Kontakt. Nach wie vor ist es problematisch, dass einige Frauen welche ihr Kind per Kaiserschnitt zur Welt bringen, im Krankenhaus Manterne bleiben müssen bis sie die Rechnung des operativen Eingriffs in Höhe von ca 150€ bezahlen können. Da viele Frauen dieses Geld nie haben werden, flüchten sie teilweise aus ihrer Verzweiflung heraus nachts mit ihrem Baby und das Krankenhaus bleibt auf den Kosten sitzen.





Im Krankenhaus Kiveve hat 2020 alles für mich begonnen. Das Wiedersehen war freudig und mein Besuch wieder sehr schön. Momentan wünschen sie sich einen Inhalationsvernebler für Neugeborene in Höhe von 150€.

Persönliche Gespräche mit unseren Studenten
Ich habe bereits bis auf drei Studenten, die in der Hauptstadt Kinshasa studieren, alle unsere Studenten getroffen und an einem Vormittag mit jedem von ihnen gemeinsam mit Pfarrer Jean Leonard ein persönliches Gespräch geführt. Dies war für beide Seiten sehr schön und auch interessant für mich. In den Einzelgesprächen wurde wieder deutlich wie bemüht und fleißig unsere Studenten sind und mehr als dankbar, über die Möglichkeit ein Studium bekommen zu haben. Deutlich wurde aber auch, wie schwierig oft ihr Lebensalltag neben dem Studium zu bewältigen ist. Die Finanzierung von Essen, Medikamenten bei Krankheit und Material wie Bücher für die Universität ist oftmals problematisch. Ich habe jedem Studenten Mut zugesprochen, damit sie bei allen Schwierigkeiten die Zuversicht nicht verlieren und fleißig weiterhin ihr Ziel verfolgen. Zwei unserer Studenten werden bereits Ende diesen Jahres ihr Studium beenden. Auch ich bin gespannt wie sie ihr Studium abschließen werden und sich ihr Weg danach weiter gestalten wird. Von unseren 25 Studenten haben 20 einen festen Paten und 5 werden durch freie Studiengebühren unterstützt. Spenden für diesen Zweck unterstützen unsere 5 Studenten ohne Paten, um ihr Studium fortführen zu können.




Besuch in zwei Waisenhäuser
Die Freude über unser Wiedersehen war sowohl bei mir als auch bei den Kindern groß. Im Waisenhaus Bethlehem haben wir vor einem Jahr den Bau einer kleinen Schweinezucht übernommen. Mittlerweile haben sie schon 16 Schweine und können sehr gut selbst damit wirtschaften.

Im Waisenhaus Stella Maris herrschen insgesamt nach wie vor sehr arme Verhältnisse. Dank der Brotpaten bekommen allerdings die Kinder dort bereits das dritte Jahr, jeden Morgen Brot zum Frühstück und auch unsere Sonntagsmahlzeiten unterstützen diese Kinder nach wie vor sehr. Zu Ostern möchten wir erneut für das Essen für die Kinder sammeln. Mehr dazu folgt im nächsten Beitrag.

Nachwuchs der Schweine
Auch arme Familien profitieren von der Schweinehaltung. Besonders freut es mich daher dass die Jungtiere, die letztes Jahr an arme Familien verschenkt wurden, fast alle bereits Nachwuchs bekommen haben. Die Schweine sind langfristig eine wahre Unterstützung für die Familien.


Mit Patenkind Gloria beim Facharzt
Die Begegnung mit einem unserer Patenkinder Gloria hat mich besonders im Herzen berührt. Bereits seit Monaten ist sie wegen einer Anämie sehr häufig krank. Ihr Zustand hat sich jedoch langfristig nicht verbessert und als ich ihr letzte Woche begegnet bin, sah ich selbst wie dünn sie nun geworden und wie tapfer sie trotzdem ist.

Der Arzt in Boma meinte das Gloria für ein spezielles Blutbild dringend einen Termin bei einem Spezialisten benötigt. Es gibt einen sehr guten Kinderarzt Dr. Christian, der allerdings in der Hauptstadt Kinshasa tätig und nur tageweise auch in der Stadt Matadi anwesend ist. Dauphine von unserem Team kennt Dr. Christian bereits seit 12 Jahren persönlich und hat den Kontakt zu ihm hergestellt. Letzten Samstag war es dann soweit, wir konnten mit Gloria zu Dr. Christian in das 3h entfernte Matadi kommen. Zusammen mit Aziza, Dauphine und Gloria begleitet von ihrer Mama erreichten wir um 10Uhr das Krankenhaus, wo der sympathische, kompetente Arzt uns bereits erwartete. Es wurden sämtliche Blutuntersuchungen durchgeführt, sodass wir um 15Uhr wieder zurückfahren konnten. Gloria war erneut sehr tapfer und hat sich leider mittlerweile an das Blutabnehmen schon gewöhnt. Die Ergebnisse haben ergeben dass Gloria eine seltene Bluterkrankung hat, die durch ein Eiweißungleichgewicht diese Anämie auslöst. Als Behandlung wurden sechs verschiedene Medikamente verabreicht und zwei davon muss sie zukünftig auch dauerhaft täglich einnehmen. Die Untersuchungen beim Spezialisten sowie die Medikamente kosteten einmalig 200€. Durch die Armut der Familie würden wir uns freuen, wenn wir Gloria zukünftig die Kosten der Medikamente von ca. 20€ pro Monat übernehmen könnten.



Operation für unseren Straßenarbeiter Patrician
Für unseren Straßenarbeiter Patrician konnten wir im Januar die Kosten der Operation eines Leistenbruches und einer Blinddarmreizung übernehmen. Dies gestaltete sich jedoch nicht so einfach da Patrician große Angst hatte an der Operation zu versterben. Dadurch wurde die nötige Operation immer weiter hinausgezögert obwohl wir die finanzielle Mittel bereits beisammen hatten. Pfarrer Jean Leonard hat schließlich Patrician durch Gespräche seelisch auf diesen Eingriff vorbereitet. Mittlerweile ist er operiert und hat alles gut überstanden. Da er jedoch momentan keiner schweren körperlichen Arbeit nachkommen darf, hat er auch keinerlei Einkommen und somit kein Geld für Essen. Wir übernehmen vorübergehend die Kosten für Lebensmittel bis er wieder selbst arbeiten kann.


Besuch am Grab von Jonathan
Gestern war ich mit Aziza am Grab von Jonathan zu Besuch. (Leser der ersten Stunde kennen seine Geschichte) Jonathan war ein ganz besonderer Junge, der selbst im Waisenhaus lebte und vielen Menschen die Nächstenliebe vorlebte, indem er sich selbstlos um die jüngeren Kinder im Waisenhaus kümmerte. 2020 ist er dann während meines ersten Aufenthaltes im Kongo plötzlich umgefallen und verstorben. Beerdigt wurde Jonathan in einem Friedhof inmitten der Natur gelegen. Diesen Ort empfinde ich immer wieder als sehr friedvoll. Auch dieses Jahr war es nicht einfach das Grab zu finden, da alles sehr verwachsen ist. Durch den Regen war die Aufschrift am Kreuz nur noch schwer lesbar. Wir ließen die Schrift auf seinem Kreuz nachschreiben. Immer wieder erinnere ich mich gerne an diesen besonderen Jungen Jonathan zurück und sicherlich ist er Teil dieses Gefühls was der Kongo für mich ausmacht.







Die nächsten Tage werde ich nach und nach jedes unserer Patenkinder in seiner Familie besuchen. Darauf freue ich mich schon sehr. Auch der Besuch unserer Selbstversorgerfarm steht noch an. Zeitgleich sind wir mit der Suche nach einem passenden Grundstück für unsere zukünftige Ausbildungsstätte für Menschen ohne Schulbildung beschäftigt.
Ich danke jedem einzelnen Leser, Begleiter und Unterstützer. Ohne euch wäre unsere wertvolle, langfristige Unterstützung für die Menschen vor Ort nicht möglich.
Nun freue ich mich noch auf die nächsten 3 Wochen im Kongo, auf alles was noch vor mir liegt und ich noch erleben darf.

Ich schicke dir viele lebensfrohe Grüße aus dem Kongo.
Jessica
Hallo Jessica!
Vielen Dank für deinen schönen Blogartikel und die News von dir! Unglaublich, was sich alles mit deiner und eurer Hilfe bewegt hat. 💜 Ich hatte Pipi in den Augen, weil es mich echt berührt, was du erzählst. Ich bin gespannt zu hören, wie es für dich im Kongo weitergeht.
Ich drück dich aus der Ferne!
Ramona