Der Waisenjunge Jonathan der mir etwas für mein Leben lehrte

Besonders heute denke ich an den Waisenjungen Jonathan aus dem Kongo zurück.

Ich durfte Jonathan letztes Jahr im Frühjahr im Waisenhaus Stella Maris begegnen und näher kennen lernen. Von Anfang an, fiel er mir mit seiner umsichtigen, warmherzigen Art auf. Er war zuvor ein Straßenkind, bis er den Weg in das Waisenhaus fand.

Durch eine große Wunde am Schienbein, deren Behandlung von unseren Spendengeldern finanziert wurde, bekamen wir noch mehr Kontakt und lernten uns besser kennen. Jede Woche begleiteten Dauphine und ich Jonathan ins Krankenhaus zum Verbandswechsel. Beim medizinischen Personal vor Ort hinterließ er mit seiner zurückhaltenden, sympathischen Art und Zuverlässigkeit einen bleibenden Eindruck. Bis er bald einmal in der Woche selbstständig und alleine zum Verbandswechsel ging. Die Krankenschwester bemängelte bei ihm eigentlich nur, das er immer in der gleichen alten, teilweise zerrissenen Kleidung erschien. Ich musste erklären dass es im Waisenhaus momentan nicht genügend finanzielle Mittel für neue Kleidung gibt.

Letztendlich ging Dauphine mit ihm auf den Markt und wir konnten durch eine Spende für Jonathan, neue Kleidung und ein Paar Turnschuhe kaufen.

In den darauffolgenden Wochen wurde immer auffälliger, wie umsichtig sich Jonathan auch um die anderen Kinder im Waisenhaus mitkümmerte. Den kleineren half er beim Essen und Anziehen. Recht bald erzählte er Pfarrer Jean Leonard und mir, das er später selbst Pfarrer werden möchte um Anderen zu helfen.

Jonathan mit einem anderen Jungen aus dem Waisenhaus

Jonathan lies mich gedanklich nicht mehr los. Er berührte mit seiner umsichtigen, selbstlosen Art mein Herz.

Jonathan im Waisenhaus

Sodass ich mit Pfarrer Jean Leonard darüber sprach, für Jonathan eine Familie im Kongo zu finden. Er erklärte mir dies sei gar nicht so einfach, denn in der Regel muss man dann auch die Familie finanziell monatlich unterstützen.

Auch Dauphine wuchs mit Jonathan immer enger zusammen. Nach einiger Zeit luden wir sie zu einem Gespräch ein und fragten, ob sie sich denn vorstellen könne Jonathan in ihrer Familie aufzunehmen. Dauphine war zu Tränen gerührt. Nach kurzer Überlegung stimmte sie zu, dass sie es sehr gerne versuchen würde Jonathan bei sich ein Zuhause zu geben.

Jonathan selbst und auch dem Waisenhaus erzählten wir vorerst einmal nichts davon. Jedoch durfte der Junge schon zu Besuchen mit zu Dauphines Familie, um zu sehen wie es läuft.

Heute noch sehe ich vor mir, wie er mit dem Sohn von Dauphine glücklich Fußball vor dem Haus spielte.

Jonathan beim Fußball spielen mit dem Sohn von Dauphine

Am 1.Juni letzten Jahres gab es das erste Mal von unseren Spendengeldern für alle Kinder Brot im Waisenhaus zum Frühstück. Jonathan freute sich sehr darüber und strahlte vor Glück als er verstand dass sie das Brot nun für ein Jahr jeden Morgen bekommen werden und nicht nur einmalig.

Am nächsten Tag dann die erschreckende Nachricht. Jonathan ist plötzlich im Waisenhaus zusammengebrochen und unter den anderen Kindern auf dem Boden gestorben.

Wir waren alle sehr schockiert, eine tiefe Traurigkeit und viele Fragen blieben zurück. Durch Gespräche, die ich mit dem Pfarrer Polydor und der Nonne Francoas suchte, die selbst jahrelang Ärztin war, konnte ich damals meinen inneren Frieden wieder finden.

Auf meinen Wunsch wurde es mir noch ermöglicht, vor der Beerdigung mich im Kühlhaus von Jonathan zu verabschieden. Unvergesslich wird dieser Moment für mich in meinem Leben bleiben. Genauso wie er im Leben war, lag er dort friedlich in seinen Anzug gekleidet. Ein sehr bewegender, aber auch heilsamer Moment für mich.

Beerdigt wurde Jonathan am Friedhof inmitten grüner Natur.

Der Friedhof inmitten der Natur gelegen
Die Beerdigung

Kurz vor meiner Abreise lies ich noch ein Kreuz für sein Grab machen, da Waisenkinder aufgrund der finanziellen Mittel in der Regel keines bekommen.

Noch oft denke ich an Jonathan, seine umsichtige Art und sein herzberührendes Lachen zurück.

Jonathan lehrte mir für mein restliches Leben, das man trotz großer Armut, reich an Nächstenliebe sein kann.

Eine wahre Geschichte die für immer in meinem Herzen bleibt. Dafür bin ich Jonathan sehr dankbar.

Eure Jessica.


Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s